BMW K 1300 S - Aufgestockt ...



Fahrbericht BMW K 1300 S

Text: Ralf Kistner
Fotos: Ralf Kistner, M. Kätker



Wieder steht vor mir eine BMW mit Reihenvierzylindermotor. Wieder eine „K“. Die 1200er K-Modelle konnte ich seit Frühjahr 2005 allesamt testen. Die K1200S konnte das Ende des Testzeitraumes leider nicht erleben, da uns bei einer Testfahrt damals ein unachtsamer MB-Truck-Fahrer, den ich überholen wollte, durch plötzliches Linksabbiegen zu schmerzhaften Kaltverformungen verhalf. Dennoch, die K1200S blieb mir in sehr angenehmer Erinnerung. Sie verkörperte für mich damals das, was einer perfekten Fahrmaschine mit am nächsten kam. Top Handling, Top Bremsen (noch mit elektronischer Unterstützung), ESA – und eine nicht endend wollende Schräglagenfreiheit mit motorseitigem Schub, vor allem in den mittleren und oberen Drehzahlregionen.
(Zum Bericht BMW K1200S -->)

Allerdings gab es auch Fertigungstoleranzen, sodass einige Motoren ohne, andere mit sägendem Lauf nicht immer für Freude sorgten.

BMW stockte auf – von 1157 ccm auf satte 1293 ccm. 140 NM Drehmoment liefert die neue nun bei 8250 U/min ab, 175 PS bei 9250 U/min. Das sind ja mal Werte – und Tests zeigen, dass sie auch eingehalten werden.

Änderungen zur BMW K 1200 S:
  • Hubraumzuwachs um 136 ccm
  • Super bleifrei statt Super Plus bleifrei
  • Überarbeitung der Airbox und Ansaugkanäle
  • Neu gestalteter Auspuff mit durchzugsstärkender Klappe
  • Neue Blinkerschaltereinheiten (nun wie bei japanischen Motorrädern angeordnet)
  • Überarbeitetes ESA
  • Optionaler Schaltautomat
  • Neu gestaltete Instrumente
  • Modifizierte Heckpartie mit LED-Rücklicht
  • Neue Gelenkwelle am Kardan
  • Geänderter Längslenker an der Duolever-Vorderradführung, dadurch verlängerter Radstand (nun 1585 mm) und größerer Nachlauf (jetzt 104 mm)
  • ABS abschaltbar
Fahren auf der BMW K 1300 S
Soviel zu den technischen Änderungen. Nun möchte ich wissen, wie sich die Modifikationen auswirken, ob sie im Vergleich zur K1200S deutlich spürbar sind.

Erstes Aufsitzen. Die Ergonomie passt. Ich sitze in angenehmer Sitzhaltung mit eindeutiger Vorderradorientierung auf der BMW. Die neu gezeichneten Instrumente bringen den Tacho deutlich in meinen Fokus. Allerdings wirkt die verdrehte Tachoaufteilung gewöhnungsbedürftig. Automatisch suche ich die BWM-typischen Blinkerschalter rechts und links – nein – die Schalter sind nun auch wie bei anderen Motorrädern angeordnet – nur dass bei der K1300S noch zusätzliche Tastschalter für ABS, ASC (Antischlupfregelung), ESA, Griffheizung vorhanden sind.

Meine Testmaschine hat Vollausstattung, also mit ESAII, ABS, ASC, Schaltautomat, Bordcomputer, … und vollständigem Gepäcksystem inkl. Gepäckbrücke. Sie wirkt in ihrem Lightgrey metallic edel. Keine Aufkleber, nur unterhalb der Sitzbank ein kleiner Hinweis, dass es sich um die BMW K1300S handelt.
BMW K 1300 SRechts ragt nun kein überlanger und dicker Rohrauspuff neben dem Hinterrad, sondern ein zwar immer noch dicker, aber kürzerer und in der Form dem aktuellen Trend angepasster Sportauspuff. Er lässt nach dem Anlassen, nachdem die Klappe geöffnet ist, einen kraftvollen Sound in die Welt. Schön, voluminös, und dennoch dezent.

Ich brenne darauf, die K laufen zu lassen. Schließlich steckt in ihr ja neben der Schnurrkatze ebenso der Tiger, wie ich schon von der 1200er weiß. Also – ab auf die Piste. Wie mit meiner Honda CBR1100XX gewohnt schalte ich gleich nach dem Anfahren in den 3. Gang, dann gleich in den 6. Das geht mit ihr auch wunderbar. Allerdings läuft der K-Vierzylinder nach wie vor recht rauh. Die übersichtliche LCD-Anzeige signalisiert Betriebstemperatur. Ich wecke die nächsten Pferde, gebe ihnen den Kick zum Rennen. Die BMW hängt sauber, aber nicht zu direkt am Gas. Im unteren Drehzahlbereich wirkt die Gasannahme leicht teigig, verzögert.

Ab 3000 U/min ist Antritt angesagt. Hier schiebt der 1300er Motor bereits kräftig und direkt voran. Und er vervollständigt mit tiefem Ansaugschnaufen die Klangsymphonie, die der Auspuff als Solist mit Leerlaufdrehzahl begann. Der Sound schwillt mit weiter geöffneten Drosselklappen und auf Durchzug gestellter Auspuffsammlerklappe zumindest für mich als Fahrer zu voluminösem Brüllen an. Das kann die 1300er deutlich besser als die 1200er, obwohl die ja auch bereits für breites Lächeln im Helm sorgen konnte.
Beim Vorbeifahren ist von alldem wenig mitzubekommen. Meine Fotografin meint während des Fotoshootings, dass sich die Maschine nicht nach so viel Kraft und Hubraum anhöre. Somit haben die Sounddesigner gute Arbeit geleistet. Der Fahrer darf die Kraft hören, die Umwelt bleibt davon weitgehend verschont.

Die ersten schnellen Kurven. Mit etwas Nachdruck ziehe ich die K im 4. Gang im Leistungsbereich durch lang gezogene Biegungen. In einigen kann ich gleich die beeindruckende Schräglagenfreiheit probieren. Schnell ist die Laufflächenkante des hinteren Conti Sport Attac erreicht. Der Reifen harmoniert mit der K wunderbar.

Auf kurzen Geraden ziehe ich das Gas auf. Die K beschleunigt prächtig und legt im oberen Drehzahlbereich nochmal deutlich Kohlen nach. Mit supersportlerähnlicher Temposteigerung schnellt die Tachonadel in Bereiche, auf die ich in diesem Rahmen nicht näher eingehen möchte. Da steckt echtes Feuer drin. Das lässt mein Herz schneller schlagen, der Adrenalinspiegel steigt sprunghaft. Boaahhh, wie die rennt. Dabei sieht sie so zahm und edel aus.

2. Gang. Vor mir ein Cabrio, das mir im Weg steht – und davor schönste Kurven. Ich habe eine kurze Gerade, setze an zu überholen, gib Gas. Der Cabriofahrer merkt das, schaltet runter und geht auch ans Gas (warum auch immer ...). Ich ärgere mich, ziehe ganz auf. Die K stellt sich aufs Hinterrad und schiebt uns beide mit mächtig Druck am Cabrio vorbei. Runter vom Gas, Vorderrad auf den Boden, in die heranfliegende Rechts einlenken, umwerfen und rum. Das geht problemlos, ohne das geringste Zucken im Fahrwerk.

Die Maschine läuft wie auf Schienen. Imposant, diese Zielgenauigkeit. Überzeugend, diese Spurtreue – auch bei Geschwindigkeiten weit über 200 km/h, wo ich immer das Gefühl habe, dass die BMW nichts aus der Ruhe bringen kann.
Einen schnellen Richtungswechsel muss ich mit deutlichem Lenkimpuls einleiten. Meine Vorgabe übernimmt die K1300S direkt und setzt sie äußerst präzise um. Genial! Sonst lässt sich die BMW leicht und einfach einlenken.

Der Motor arbeitet durch seinen rauhen Lauf immer spürbar, aber nicht störend. Doch finde ich, dass man auf einem Motorrad schon spüren darf, dass unter einem 175 ungestüme Pferde arbeiten wollen. Eine Kraft, die jederzeit abrufbar unweigerlich zu einem Gefühl von entspannter Gelassenheit führt. Schließlich habe ich es in der rechten Hand, was letztlich der Hinterreifen aushalten muss.

Wir sind in der fränkischen Schweiz unterwegs. Tolle Straßen mit unzähligen Kurven, günstige Unterkünfte, deftige fränkische Küche und eine rekordverdächtige Brauereidichte. Motorradfahrer – was willst du mehr;-) Ich verbringe dort eine knappe Woche.

Engagierte Reisebegleitung
Die BMW entpuppt sich – wie schon die K1200S - als top geeignete Reisebegleiterin. Der Wetterschutz macht seinem Namen alle Ehre. Bis zur Vmax bietet das Windschild sehr guten Windschutz. Lediglich den Kopf muss ich etwas einziehen.
Das optionale Koffersystem bietet für meine Sachen ausreichend Platz. Der passende Tankrucksack ergänzt das Stauvolumen nochmals um viele Liter. Und die Gepäckbrücke nimmt sich meiner kleinen Gepäckrolle an. Die K wirkt auch mit Gepäck und Sozia stabil und handlich. Letztere bekommt einen angenehmen Sitzplatz, die Kniewinkel lassen auch weitere Touren zu.

Das ESAII-gesteuerte Fahrwerk arbeitet weitgehend problemlos. Während der Fahrt stelle ich, je nach Fahrbahnzustand und Fahrweise, die Dämpfung in 3 Stufen ein. Die Federbasis verstelle ich im Stand im Leerlauf. Beim ESAII erfolgt die Federbasiseinstellung deutlich schneller als beim Ursprungssystem. Neu am ESAII ist das automatische Variieren der Federrate über ein Kunststoffelement (Elastrgran) abhängig von der Dämpfungseinstellung. Den Unterschied zum ESAI kann ich ehrlich gesagt nicht wahrnehmen.

Das Fahrwerk überzeugt mich durch große Schluckfreude, was kleine Unebenheiten anbelangt. Und es brilliert mit grandioser Stabilität. Der Duolever verhindert effektiv das Bremsnicken, wodurch auch bei Vollbremsungen der volle Federweg erhalten bleibt.
Allerdings scheint die Abstimmung der Zugstufe am Hinterrad im Verhältnis schwächer ausgefallen zu sein. Wirkte die K1200S in der Abstimmung sehr rund, nervt mich bei forscher Fahrweise über welliges Terrain die 1300er mit auffallend schnellem Ausfedern an der Hinterhand. Das macht die Maschine unruhig. Vielleicht kann man da noch nachbessern. Dann wäre das Fahrwerk für mich perfekt und rund.

Der Schaltautomat
Er arbeitet zwischen Schalthebel und Getriebewelle. Und er ermöglicht im Idealfall Gangwechesel ohne Zugkraftunterbrechung. Und er kostet € 360.- Aufpreis.
Braucht man den? Mhh, nein, nicht unbedingt. Aber ich gewöhne mich schnell daran, nutze ihn nach ein paar Tagen immer öfter.
Bei hohen Drehzahlen und unter Vollast vollzieht sich ein Gangwechsel schneller als ein Wimpernschlag – ohne Kuppeln – einfach den Schalthebel hochklicken - fertig.
Beim Gleiten oder Touren im unteren bzw. mittleren Drehzahlbereich ohne Last bleibe ich beim konventionellen Schalten mit Kupplung, da das Schalten mit dem Automaten die Gasannahme verzögert. Das führt zum Ruckeln und ist schlicht unangenehm.
Wer darüber nachdenkt, sich die K mit dem Automaten zu ordern, sollte ihn vorher probieren.

Bremsen
Die Bremsen funktionieren teilintegral mit ABS. Durch den langen Radstand kann die K1300S wirklich kraftvoll und derb abgebremst werden. Durch das fehlende Bremsnicken erhält das Hinterrad mehr Bremskraft. Die Verzögerungen sind rekordverdächtig und fördern dasHeraustreten der Stirnadern. Deutlich besser als die K1200S (wir erinnern uns – sie hatte damals den elektronischen Bremskraftverstärker BMW K 1300 Seingebaut) lässt sich die 1300er Schwestermaschine in der Bremskraft dosieren. Zwar wirkt das Ertasten des Druckpunktes noch immersehr teigig und der Leerweg im Vergleich zu „einfachen“ Bremssystemen der Konkurrenz schwergängig, doch die Dosierbarkeit ist nun wirklich möglich und vorhanden. Das nun abschaltbare ABS regelt erfreulich spät, wodurch letztlich auch die genialen Verzögerungen ermöglicht werden.

Ergonomisch bietet die K1300S ähnliche Voraussetzungen wie die ältere Schwester. Die geänderten Schaltereinheiten erfordern nun kein Umdenken mehr, wenn man von Motorrädern anderer Hersteller auf die BMW steigt. Allerdings emfpand ich die „alten“ BMW-typischen Schaltereinheiten nach der Eingewöhnungsphase als angenehm und logisch in der Bedienung.

Fazit:
BMW hat nachgelegt und mit der K1300S eine würdige Nachfolgerin zur K1200S auf den Markt gebracht. Der Motor überzeugt mit satter Kraft, die erfreulicherweise durch die Abstimmung nie überfordernd abgerufen werden kann. Mit ihr kann man cruisen, touren und sporteln. Sie macht alles mit – und gibt, wenn nötig, auch alles. Grenzen lassen sich an ihr sehr schwer ausloten. Diese liegen so hoch, dass die meisten Fahrer es nicht schaffen werden, sich an sie anzunähern. Lediglich das in der Zugstufe unterdämpfte Fahrwerk trübt bei sehr sportlicher Fahrweise das Gesamtbild.